Offener Realisierungswettbewerb
ANKAUF
Susanne Seyfert
Matthias Seyfert
Florian Dessl
ARGE mit GMG Statik
06|2019 – 09|2019
Aufgabe
Eine Brücke ist die Verbindung zweier Punkte über eine Barriere
hinweg.
Das Ziel des Wettbewerbes »Neubau Fuß- und Radwegbrücke
Lindemannstraße« ist die Verbindung des Max-Ophüls Platzes
mit dem Vorplatz der Messe Dortmund über den 6-spurigen
Rheinlanddamm hinweg.
Die Verbindung soll barrierefrei für Fußgänger und ebenso angenehm
für Radfahrer sein, was Treppen- und Rampenbauwerke
bedingt. Optionale Liftanbauten verbessern die Situation weiter.
Zusätzlich wird Wert auf ein repräsentatives Bauwerk, auf das
Einfügen in den städtebaulichen Kontext (Tor zur Stadt) und auf
Wirtschaftlichkeit in Errichtung und Betrieb gelegt.
Konzept
Der Entwurf entscheidet sich für ein zurückhaltendes, ruhiges
Bauwerk ohne Pylone. Dies erscheint in einem inhomogenen,
teilweise aufgeregten städtebaulichen Umfeld mit unterschiedlichen
Solitärgebäuden angebracht. Der Kontrast fällt positiv auf,
die Brücke bekommt über diese Zurückhaltung die gewünschte
Repräsentanz und Zeichenhaftigkeit des Stadteingangs.
Damit aus Einfachheit Eleganz wird, rückt die Geometrie in den
Fokus. Das betrifft in unserem Fall besonders die Endpunkte der
Brücke.
Die Brücke teilt sich an ihren Enden in Treppe und Rampe. Diese
stützen sich wie zwei Finger einer Hand auf den Boden. Der
kurze Weg der Treppe und das weite Hinausgreifen der Rampen
in die Umgebung entflechten Fußgänger und Radfahrer. Gleichzeitig
wird die Brücke mit der Stadt verwoben.
Am Max-Ophüls-Platz verlaufen Treppe und Rampe parallel in
Brückenlängsrichtung dem Straßenverlauf folgend, am Messevorplatz
knickt die Rampe ab. Dieser bekommt zur dicht befahrenen
Straße eine Rahmung – ein städtebaulicher Mehrwert.
Diese im Grundriss austarierte, zeichenhafte Form bekommt in
der dritten Dimension Spannung. Die Stützen sind wie die Baumstämme
der Umgebung paarweise gruppiert und treten dezent in
den Hintergrund.
Die Lifte können nachträglich mit etwas Abstand unter Ausbildung
einer Fuge angestellt werden. Matte opake Glastafeln zur
Verkleidung des Liftes und der Konstruktion wären als Material
dafür passend.
Konstruktion
Die Einfachheit der Form bedarf einer Konstruktion mit Raffinesse.
Ein durchgehender Hohlkasten in einheitlicher Größe über
die gesamte Brückenlänge verbannt die statisch notwendigen
Varianten der einzelnen Segmente ins unsichtbare Innere.
Das Bauwerk wird als Balkenbrücke mit stählernem, kappenlosen
Hohlkastenquerschnitt ausgebildet. Vom Hauptquerschnitt
des Überbaus werden an beiden Enden die Rampenquerschnitte
seitlich herausgezogen. An den entstehenden vier Bauwerksenden
befinden sich Konsolen, auf denen die anschließenden
Treppenläufe und Rampen über horizontal verschiebliche Lager
aufliegen.
Der Hauptquerschnitt wird in diesen Bauteilen fortgeführt.
Die entstehenden Fugen erhalten einfach zu wartende, einlamellige
Übergangskonstruktionen mit geeignetem Fugenprofil
zum bündigen Oberflächenabschluss. Der Belag der Geh- und
Fahrbahn einschließlich der Treppentritte wird als reaktionsharzgebundener
Dünnbelag (RHD-Belag) vorgesehen.
Es werden keine massiven Widerlager vorgesehen. Die im Überbau
eingespannten stählernen Stützen tragen neben den vertikalen
auch die horizontalen Lasten ab. Der biegesteife Anschluss
ist einfach zu realisieren und macht gesonderte Lager unnötig.
Die Gründung der Stützen und Endauflager erfolgt flach, wobei je
nach statischem Erfordernis der vom geotechnischen Gutachter
geforderte Bodenaustausch bis ca. 4,0 m unter Gelände ausgeführt
wird.
Die Geländerstäbe werden filigran aus quadratischem Vollstahl
auf den Hohlkasten aufgeschweißt und am oberen Ende mit dem
gleichen Stahlprofil verbunden. Der Handlauf wird durchgehend
auf beiden Seiten der Brücke am Geländer befestigt.
Das Oberflächenwasser wird in Längsrichtung zu den Abläufen
vor den Bauwerksfugen geleitet. Dabei werden im Gehwegbereich
seitliche Begrenzungsbleche vorgesehen, die ebenso als
Radabweiser bzw. Fußleisten dienen. Von den Abläufen wird das
Wasser durch senkrechte Fallrohre an den Stützen direkt nach
unten und dann über Sammelleitungen in die Vorflut geführt. Störende
und wartungsintensive Längsleitungen entlang des Überbaus
können somit entfallen.
Unter den flachen Teilen der Rampe wird das Wasser versickert.
Eine intensive Mischbepflanzung im Jahresverlauf immer wieder
unterschiedlich blühend kann hier gedeihen. Aus einem nicht
mehr nutzbaren Raum unter der Rampe wird so eine kleine Oase.
Material
Die Form wird betont, wenn die sichtbaren Farben reduziert werden.
Für die Unter- und Überbauten der Brücke und ebenso für die
Geländer wird unbeschichteter Cortenstahl vorgeschlagen. Die
sich ausbildende Korrosionsschicht schützt vor weiterer Korrosion.
Zusätzliche Beschichtungen entfallen, was günstig für die
Wirtschaftlichkeit in der Errichtung und den Folgekosten ist. Die
markante Korrosionsschicht überzieht die gesamte Brücke einfarbig
und materialecht.
Einem ausgerollten Teppich gleich überzieht eine Dünnbelag
Fahr- und Gehweg sowie die Treppen. Die erforderlichen Oberflächeneigenschaften
wie Rutschfestigkeit können eingestellt werden.
Die Handläufe werden als durchgehende hölzerne Rundprofile
vorgeschlagen und setzen einen dezenten Akzent für die Benutzer
auf der Brücke.
Fazit
Die Brücke führt als spannungsvoll geführter Bogen über die
Straße durch die Bäume. Die Endpunkte werden weit in das Umfeld
geführt. Ein scheinbar schlichter Hohlkasten in auffälligem
Material verblüfft durch seine Klarheit und wird zur Skulptur.